Jetzt bin ich wieder zurück in Deutschland. Bereits seit vier Wochen und so ganz angekommen bin ich noch immer nicht. Der Abschied ist mir dieses Mal noch viel schwerer gefallen als im Dezember denn ich weiß nicht ob und wann ich wieder nach Tanzania komme.
Die 3 Monate scheinen dieses Mal viel schneller vorbei gegangen zu sein und irgendwie war die Zeit viel intensiver als bei meinem ersten Aufenthalt. Das liegt mit Sicherheit daran, dass ich mich nicht erst eingewöhnen musste, vieles schon kannte, kiswahili mir nicht mehr ganz so fremd war und es irgendwie ein wenig so war, als ob ich wieder nachhause komme. Dann lag es aber mit Sicherheit auch daran, dass ich neben meinen Mahenge Schwestern viel tolle Leute kennen gelernt habe. Allen voran Michael, der voll und ganz auf meiner Wellenlänge lag, der vom ersten Tag seiner Ankunft meine wichtigste Bezugsperson in Dar wurde und mit dem ich nicht nur Riesen-Spaß hatte sondern bei dem ich auch mal Sorgen und Nöte abladen konnte. Michael, du kannst meinen Blog zwar nicht verstehen, die Übersetzungsfunktion bei google produziert in der Regel auch nur Müll, aber vielleicht übersetzt dir Tine den Absatz ja.
Nicht zuletzt viel mir auch der Abschied von meinen kleinen Würmern im Msimbazi Orphanage schwer. Dass ich mit meiner Kinderphobie so etwas mal schreiben würde, hätte ich auch nicht gedacht. Die Kleinen sind mir einfach ans Herz gewachsen. Und die letzten Worte von meinem kleinen Liebling Imma hallen mir immer noch nach. Denn als ich ihn an meinem letzten Samstag in Dar in sein Bettchen gebracht habe und gerade die Türe schliessen wollte, hat er einfach so in den Raum gesagt: „Mama anaondoka“ - die Mama geht. Wie recht er hatte...
Even if I don´t reach all my goals, I have gone higher than I would have if I had not set any.
Wenn ich meine Arbeit im Projekt noch mal Revue passieren lassen, so muss ich ganz klar sagen, dass vieles nicht so gelaufen ist, wie ich mir das vorgestellt oder wie wir das geplant haben. Für viele von euch, habe ich in Summe 6 Monate Urlaub gemacht. Für mich war jedoch jeder Arbeitstag eine neue Herausforderung.
Oft war ich an einem Punkt, an dem ich kurz davor war das Projekt aufzugeben, weil ich einfach nicht den Einsatz-Willen des vorhandenen Projektteams erkennen konnte, weil mir deren Lethargie zu viel wurde und ich es Leid war gegen Windmühlen zu kämpfen. Es hat mich mürbe gemacht, so oft ohnmächtig gegenüber der Kirchenleitung zu sein und nichts ändern zu können. Es sind Dinge hinter meinem Rücken passiert, die ich besser nicht zufällig aufgedeckt hätte, weil es einfach weh tut belogen zu werden und weil man dann doch Gewissheit über das hat, was man schon eine Weile vermutet hat. Und ich werde nie verstehen und akzeptieren, warum Menschen, die alles haben, sich einen Dreck um ihre Mitmenschen scheren, die ihre Hilfe brauchen. Ja, an solchen Tagen habe ich mich dann doch auch gefragt, warum ich das mache, nicht lieber zu Hause in meinem schönen Deutschland sitze und statt dessen im Dreck arbeite, auf allen Luxus verzichte und jeden Tag aufs neue mit einer Armut konfrontiert werde, die ich so noch nie kennen gelernt hatte. Fred Walch, von der Herrnhuter Gemeine in Bad Boll, also quasi mein „Chef“ und Projektträger hat in den Zeiten oft als Kummerkasten herhalten müssen. Danke, Fred!
Und doch habe ich immer wieder weiter gemacht, denn für mich standen ganz klar die Kinder und deren Zukunft im Vordergrund. Und ich wollte einfach nicht akzeptieren, dass wir es nicht schaffen, dass Projekt auf sichere Beine zu stellen.
Letztendlich hat es sich gelohnt weiter zu machen, das Projekt nicht zu killen, denn in wirklich letzter Minute haben wir dann ja noch Agnes gefunden. Die neue Projekt-Koordinatorin, die wie ich glaube ihren Job sehr gut machen wird und das Projekt im Sinne der Kinder und deren Vormünder weiterführen wird.
Und auch wenn ich manchmal kein gutes Wort an manch einem meiner Arbeitskollegen gelassen habe, so werde ich sie doch in irgendeiner Art und Weise vermissen. Denn mit Abstand betrachtet, hatten sie irgendwo auch ihre guten Seiten.
Enjoy today, you don´t know if tomorrow comes!
Ja, was nehme ich eigentlich mit aus meiner Zeit in Tanzania?
Msokolo, ein Mitarbeiter der Tauchbasis in den Sunset Bungalows hat mal zu mir gesagt : Enjoy today, you don´t know if tomorrow comes. Wie recht er hat und wie oft sehen wir das nicht und hetzen nur so durchs Leben. Rennen unseren Plänen hinterher oder heben uns Dinge für besondere Momente auf, die vielleicht gar nicht kommen werden. Ich habe mich in Sachen Geduld geübt, bin gelassener geworden und Warten macht mir nichts mehr aus. Mal anhalten, mal nach rechts und links schauen...warum machen wir das eigentlich so selten? Und ich genieße den Moment, denn mir ist klar geworden, dass ich im Hier und Jetzt lebe...und das man auch ohne großen Luxus glücklich und zufrieden sein kann.
Und was würde ich anders machen, wenn ich noch einmal gehen würde? Die Antwort auf diese Frage bin ich Hubert Moik ja noch schuldig...lieber Herr Moik, ich würde alles genau so wieder machen wie ich es gemacht habe. Vielleicht würde ich noch mehr genießen, noch mehr aufsaugen und noch mehr Farben, Fröhlichkeit, Zufriedenheit und buntes Treiben in meinen Rucksack nach Hause einpacken, denn trotz der Schönheit Deutschlands geht mir jetzt doch schon einiges hier wieder ab:
• Seit ich zurück bin, wollte sich noch keiner mit mir „in between 10 o’clock“ treffen.
• In Büros, Clubs und Privathäusern gibt es einfach keine ordentlichen Sitzgelegenheiten in Form von bunten Plastik-Gartenstühlen.
• Frisch gepresster Mangosaft, Avocadosaft oder gar Passionsfruchtsaft – Fehlanzeige. Die Mangos schmecken noch nicht mal zu 5% wie in Dar.
• Die Wohnzimmer-Garnituren in Deutschland sind irgendwie klein und insbesondere fehlen die Häkeldeckchen in allen Formen und Farben.
• Für take away und dogy bags gibt’s nun wieder extra Papp-/Plastik-Schachteln. Dabei könnte man doch alles schick in Zeitungspapier und Plastiktüten packen oder Pizza in Briefumschläge stecken.
• Nirgendwo gibt es Flip Flops in allen Formen und Farben und das zu unschlagbaren Preisen.
• Bedienungen bedienen nun wieder mit Tablett und nicht mit Plastikkörben, in denen Gläser und volle Flaschen bruchsicher bis zum Tisch gebracht werden können und notfalls auch wieder zurück, wenn ich mal wieder nicht dazu gesagt habe, dass mein Bier kalt sein soll.
• Und die Geschäftsleute haben alle Wechselgeld und somit muss niemand freiwillig auf Umsatz verzichten nur weil er nicht herausgeben kann.
TIA – This is Africa!
Eigentlich wollte ich noch so viele Themen in meinem Blog ansprechen.
Zum Beispiel habe ich nie davon erzählt wie einfach Kiswahili doch ist, wenn man der englischen Sprache mächtig ist. Denn in den meisten Fällen nimmt man einfach nur das englische Wort und hängt ein „i“ dran. So heisst Polizei polisi, Hotel hoteli und Pommes Chipsi ☺
Oder aber auch über die Musikszene in Dar, die wir uns regelmäßig am Wochenende gegeben haben.
Ich wollte auch noch mehr übers leckere Essen schreiben oder wie gut die tanzanischen Toiletten für die Oberschenkelmuskulatur sind. Über die Strassenverkäufer, die von Zeitungen, über Aufkleber, Essen bis hin zu ganzen Aquarien alles an den Mann oder die Frau bringen. Über das Telefonverhalten erwachsener Tanzanier, die grundlos anrufen, fragen ob alles ok ist und dann ohne „tschüss“ zu sagen gleich wieder auflegen und das zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Thema hätte auch noch das Phänomen des Händchen haltens sein sollen, an das ich mich wohl nie gewöhnen werde. Und Erica Ludela die mal wieder einen Bibeltest hat schreiben lassen und deren Bewertung mir immer noch nicht klar ist. Ich addiere alle Testergebnisse und teile dann durch die Anzahl der Gruppen plus eins und nehme dann die Quersumme...hä?!?
Und weil natürlich in Africa auch nicht alles eitel Sonnenschein ist, über die Armut, die verstümmelten Bettler in der Innenstadt – ich wusste nicht, dass es das alles gibt, die Auslachermentalität, die mir sonst noch nirgendwo begegnet ist, die fehlende Nächstenliebe in den oberen Schichten und die Tatsache, dass es ein riesiges Wasserproblem gibt, man aber dort wo man Wasser hat, es einfach nur vergeudet.
Ich schätze ich muss entweder noch mal ein paar Stories nachschieben oder einfach bald wieder los...
Meinen Einsatz und meine Zeit in Dar möchte ich mit einem Satz von Michael Shirima, Chairman bei Precision Air abschliessen:
If I can save just one child, this is one more child that will not die on the streets or grow up to be a delinquent. It is about one child at a time.
Damit verbunden ist ein Aufruf an alle: engagiert euch, tut etwas und redet nicht nur darüber. Wenn nur jeder, der das hier liest (und seit meiner Ausreise im letzten Jahr haben 1.530 verschiedene Besucher immer mal wieder auf meine Webseite geschaut) einmal in seinem Leben einen Einsatz als Berater auf Zeit wagt, dann könnten wir gemeinsam sehr viel bewegen!