Heute ist meine letzte Arbeitswoche angebrochen. Ich kann es kaum glauben, dass meine 3 Monate nun schon wieder bald zu Ende sein sollen. Wo ist die Zeit bloß hin? Hier, wo doch eigentlich alles so langsam voran geht, wo Warten an der Tagesordnung steht, sehe ich mich nun wieder um die letzten Stunden und Minuten ringen. Meine Tage sind randvoll gepackt. Diese Woche stehen bis auf Freitag noch jeden Tag Schulbesuche an, wir müssen noch neue Büromöbel kaufen gehen, die Übergabe ist noch nicht komplett durch, ein Besuch bei den Rotariern steht an und wir wollen auch noch 2 Bankkonten fürs Projekt eröffnen. Jaja, ich weiß, in Deutschland wäre das maximal Stoff für einen Tag, aber hier dauert eben alles etwas länger...
Und dann gehts abends immer mal wieder zu meinen kleinen Würmern, die mir mittlerweile richtig ans Herz gewachsen sind. Sie sind so ein bisschen der Ausgleich zu meiner Projektarbeit, denn die Kleinen sind so dankbar und geben einem so viel zurück. Im Msimbazi Center gibt es neben den Gästehäusern und dem berühmten kitimoto corner auch noch ein Waisenhaus. Vor einiger Zeit war ich mal dort, um die Kinderklamotten, die mir Thomas aus Deutschland mitgebracht hat, abzuliefern. Das Haus wird von Schwester Etienne geführt. So ganz begeistert war sie nicht, als ich das erste Mal vor der Türe stand, gefragt habe ob sie Interesse an den Kleidern hat und ob sie mir vielleicht mal das Haus zeigen würde. Aber irgendwie hat sich das im Verlauf der Hausführung dann doch noch geändert und seitdem komme ich mehr oder minder regelmäßig 3 mal die Woche um zu helfen und um die Kinder zu bespaßen. Im Heim wohnen ca. 45 Kinder von 2 Monaten bis 3 1/2 Jahren. Sie werden von 20 Frauen betreut. Einige Kinder wurden aus der Familie genommen und von der Fürsorge dem Heim zugewiesen, andere wiederum wurden ausgesetzt und haben hier nun eine neue Übergangs-Heimat gefunden. Ziel ist, die Kinder mit spätestens 3 Jahren wieder in die Familie zu geben, was nicht immer so einfach ist. Beim ersten Besuch kam ich gerade dazu, wie die großen Kleinen auf dem Töpfchen sassen und dann bettfertig gemacht wurden. Ein paar waren schüchtern, das sollte aber nicht lange andauern. Neema, Nasra, Imma, Amani, Sheddrack, Christopher, Abiudi und Co. haben schnell herausgefunden, wie man mein Herz erobert und ich habe schnell kapiert, dass ich nicht viel mehr tun muss, als die Kinder in den Arm zu nehmen und mit ihnen zu kuscheln. Jedoch nicht ohne mich vorher kinderfertig zu machen: Brille ab, Sonnenbrille aus dem Haar, Taschen leeren und Halskette weg, denn Sheddrack fand die schon beim ersten Besuch so schön, dass er sie mir glatt vom Hals gerissen hat und stolz in seinen kleinen Patschehändchen präsentiert hat. Mittlerweile können alle Würmer „Nipe tano“ - Gib mir 5 sagen und so werde ich nun auch abends begrüßt! In der Regel bin ich so ab halb fünf da...also immer dann wenn die Kleinen nach dem Abendessen aufs Töpfchen müssen. Und Hut ab, das läuft wie geschmiert. Abendessen, dann anstehen um Hose, Kleidchen oder T-Shirt ausgezogen zu bekommen und ab gehts aufs Töpfchen. Dort bleibt man so lange sitzen, bis die Kleinen geduscht sind und dann heisst es wieder anstehen, Höschen anziehen und noch mal für eine halbe Stunde zum Spielen, piki piki fahren und ausflippen, weil ein mduti - ähm was ist ein mduti? achso ein mjusi, also eine kleine Eidechse zu sehen ist. Zehn Würmer sind da ganz schön anstrengend, vor allen Dingen wenn alle gleichzeitig auf einem sitzen und gleichzeitig gedrückt werden möchten. Und alle haben einen unsäglichen Hunger nach Liebe. So ist es nicht ausgeblieben, dass während ich mit dem einen kuschelte, das andere Kind ankam und es wegschubste oder ein Kind den Kopf eines weiteren Kindes in die Hand nahm und gegen die Wand geknallt hat. Ob der Aggressivität musste ich doch ganz schön schlucken. Aber irgendwie ist es auch nachzuvollziehen, denn die Angst zu kurz zu kommen oder vernachlässigt und verlassen zu werden kommt ja nicht von ungefähr. Für mich ist es völlig unklar, wie man sein Kind nach der Geburt oder aber auch mit 1 Jahr einfach aussetzen und auf die Strasse legen kann. Irgendjemand wird das Kind schon finden und helfen...
Nach dem Spielen beginnt dann für mich immer der Ernst. Anstehen, Höschen aus, auf den Topf und dann wird jeder einzeln aufgerufen und es heisst duschen. Es ist unglaublich, wie die Kleinen parieren...und nach dem Duschen und Abtrocknen nochmal aufs Töpfchen und sich dann freiwillig hinlegen um die Nachtwindel anzubekommen. Ich habe hier das erste Mal in meinem Leben eine Windel - und dazu auch noch eine Stoffwindel in der Hand gehabt und angelegt!!! Ok, manch ein Blick besagte, dass die Schwestern das besser können und ich wohl eher nur zum Knuddeln zu gebrauchen bin, aber sie haben es immer ohne zu jammern über sich ergehen lassen. Ich könnte sie fast alle mitnehmen, insbesondere meinen kleinen Liebling Imma, dem ich sogar neulich die Hand auf der Toilette halten musste (ja, ihr lest richtig, ich die alte Kinderhasserin hält auf Klo Händchen). Denn er fand es gar nicht lustig, dass alle anderen wilde Töpfchenfahrten machen können und er als einer der Großen auf das richtige Klo muss. Aber gemeinsam haben wir es geschafft und als Belohnung gab es ein nipe tano.